Ballett von Alexander Abdukarimov und Arshak Ghalumyan
Thüringer Staatsballett
Theater Gera
Uraufführung 1. März 2024 _ Premiere Theater Altenburg 6. Oktober 2024
Bühnenbild und Kostümbild _ Verena Hemmerlein
Musik von Sergej Rachmaninov, Claude Debussy und Edward Elgar u. a.
Fotos _ Lutz Edelhoff
Pressestimmen
Thüringer Landeszeitung, OTZ Gera, OTZ Jena …. – 04.03.2024 – Angelika Bohn
Mein Mann ist ein Serienkiller
Das neu aufgestellte Thüringer Staatsballett begeistert das Geraer Premierenpublikum mit der Uraufführung „Shadow of Blaubart“ von Alexander Abdukarimov und Arshak Ghalumyan
Sie erzählen die Geschichte vom Blaubart, Blaupause aller im familiären Umfeld agierenden Serienmörder. Und sie halten uns den Spiegel vor: Wie viel Wut, Grausamkeit und Mordlust steckt in einem jeden? Denn, nicht nur Blaubart hat einen Schatten. So schlicht und gradlinig das Ballett der Märchenhandlung folgt, es ist zugleich eine von den Choreografen blitzgescheit und raffiniert komponierte Reise in die Abgründe der Beziehung von Mann und Frau, von Täter und Opfer, von Liebenden und Geliebten, musikalisch begleitet von Rachmaninow, Debussy, de Falla, Ferrrández und Elgar.
Mit Verena Hemmerlein (Bühne, Kostüme) hat diese Uraufführung eine Meisterin des Lichts und der Grautöne an ihrer Seite. Mit einem Nichts an Bühnenbild tippt sie Assoziationen an, die den Atem stocken lassen. (…)
Bereits im Prolog zeigen Abdukarimov und Ghalumyan dem Publikum, wer Blaubart ist.
Es liegt wohl in der Natur von Ballett mit seinen zarten, federleichten Frauen und den auf den Punkt definierten Männerkörpern, dass per se ein Missverhältnis der Kräfte herrscht. Doch die Choreografie unterstreicht dieses Ungleichgewicht selbst beim fröhlichen Festreigen, wie sie mit beiläufigen Gesten – hier ein Griff an die Kehle, da eine Hand, deren Finger auf den Boden trommeln – der Zukunft ihrer Figuren immer einen Schritt voraus eilt.
Da ist der schöne Mann Blaubart (Carlos Eduardo Boeira), mit der Sehnsucht nach der perfekten Frau, da ist sein silbrig glänzender, geschmeidiger Schatten (Giovanni Cancemi) mit der Kraft und Urgewalt einer im Dunkeln lauernden Anakonda, da ist Anna (Emilie Menezes de Siqueira), liebenswert, jung, von Glanz und Reichtum verführt und in Liebe gefangen.
Die Toten Frauen im Verlies, die neugierigen Schwestern und ihre unerschrockenen Geliebten, die energischen Wachen mit einem großartigen Pas de deux, und das Volk — sie alle tragen dieses so fein alle Facetten ausdifferenzierende Werk und zeigen was für eine tolle Compagnie das in Gera ansässige Thüringer Staatsballett ist. Hier wird auf hohem tänzerischen Niveau bewiesen: es ist durchaus möglich, dem roten Faden eines in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts versetzten Märchens zu folgen und sich zugleich Fragen gegenwärtiger Kulltur und Politik zuzuwenden. Wie kann die Liebe zwischen Anna und Blaubart erblühen, nachdem sie weiß: Mein Mann ist ein Serienkiller. Stirbt der Schatten mit Blaubart oder hat er längst einen neuen Wirt? Ein Abend, der den Bogen von purer Schaulust zu betroffenem Nachdenken spannt.