Ballett von Goyo Montero
Staatstheater Nürnberg 2012/13, 2014/15 
Bühne _ Verena Hemmerlein, Goyo Montero
Kostüme _ Angelo Alberto, Goyo Montero
Nominierung in der Autorenumfrage der Zeitschrift „Die Deutsche Bühne“ als „herausragender Beitrag zur aktuellen Entwicklung von Bühnenbild / Kostüm / theatraler Raumsituation“
Einladung zum Internationalen Tschechow-Theaterfestival Moskau, Juli 2014



Fotos _ Jesus Vallinas


Pressestimmen

Cinderella – Staatstheater Nürnberg

Der neue Tag

31. Dezember 2013

[…] Um diese Entwicklungsgeschichte einer geschundenen Seele in Szene zu setzen, scheute der Ballettchef keine Mühen. Rund 300 verschiedene Lichteinstellungen hat sich Olaf Lundt erdacht, um Stimmungen atmosphärisch zu verdichten. Bis ins letzte Detail tüftelte Angelo Alberto an einer raffinierten Kostümwelt, deren Stoffe farblich passend auf die unterschiedlichen Charaktere und Situationen abgestimmt sind […] Die tolle Bühnengestaltung von Verena Hemmerlein mit den ineinander verschachtelten Käfigen bringt Bewegung und Tiefe ins Szenario. […]

Günter Kusch


Die deutsche Bühne – online

27. Dezember 2013

Nürnbergs Ballettchef aus Spanien, der in den letzten Jahren mit seinen ebenso ambitionierten wie effektsicheren Überprüfungs-Produktionen populärster Titel die Sparte zur meistbejubelten des Staatstheaters machte, schiebt die gebündelte Aufführungstradition beiseite. […]

Eingefasst wird alles durch Verena Hemmerleins Bühnenbau, der auf raffiniert einfache Weise mehrere mobile Rahmen so ineinander staffelt, dass bruchlose Szenenschnitte einschließlich der Traumbilder vom Leben der Anderen jederzeit möglich sind. Lichtwechsel schaffen Stimmungen und wischen sie wieder weg. […]

Das Premierenpublikum nahm die tiefschwarz unromantische und mindestens gleichwertige Alternative mit ihren choreographischen Kollektiv-Highlights ohne Vorbehalte an. . Da das Verbeugungsritual bei Montero immer mindestens so perfekt inszeniert ist wie die Aufführung zuvor, wollte der Jubel gar nicht enden.

Dieter Stoll


www.opernnetz.de

Spannende Erlösung aus der Isolation

Points of Honor:
Musik 4, Tanz 5, Choreografie 5, Bühne 5, Publikum 5, Chatfaktor 5

Aschenputtel ist seit den Märchen der Gebrüder Grimm ein Synonym für ein armes, unterdrücktes Mädchen mit frommer Seele, das dank dieser inneren Qualität einen Prinzen findet. Dieser Traum von der Erhöhung und Befreiung aus den Niederungen gesellschaftlicher Ächtung geht leider fast nie in Erfüllung. Goyo Montero, der viel gerühmte Nürnberger Ballettchef, hat nun mit seiner uraufgeführten Choreografie von „Cinderella“ zur Musik von Sergej Prokofjew im Staatstheater Nürnberg einen anderen, sehr überzeugenden Ansatz gefunden: Hier wird ein Kind aus bewusst egoistischen Motiven in Isolation gehalten wie ein Tier; aus dieser freudlosen Existenz wird es befreit durch die Begegnung mit einem Menschen, der sich ebenso in Zwängen, allerdings wegen seiner hervorgehobenen gesellschaftlichen Position, befindet. Die Errettung des Mädchens aus seiner grausamen Lage wird unterstützt durch die Einflüsse der Natur, verkörpert durch Tauben, angedeutet auch durch die Reliefs von Baum-Zweigen auf dem Bühnen-Hintergrund.

Parallelen ergeben sich zu heute oft diskutierten Fällen wie etwa dem Schicksal Kaspar Hausers. Bei Montero wird das Ganze folgendermaßen erzählt: In einem Prolog sieht der Zuschauer eine glückliche Familie, Vater, Mutter, Kind. In der eigentlichen Handlung nach dem Tod der Mutter führt die Stiefmutter zusammen mit ihren erwachsenen Töchtern ein böses Regiment; der Vater sitzt machtlos im Rollstuhl, das kleine Mädchen wird weggesperrt in ein schmutziges, enges Verließ; in diesem Geviert kann es sich kaum entwickeln, sich kaum bewegen. Nur manchmal darf es heraus, wird wie ein wildes Tier gequält von seinen Stiefgeschwistern und deren Mutter. Als diese zu einem Ball eingeladen werden, stört Cinderella die Vorbereitungen, weil sie auch mit will. Dafür wird sie bestraft, von der Stiefmutter wie ein Hund an der Leine geführt und geschlagen und schließlich wieder eingesperrt. Da aber kommen die Tauben aus dem Taubenhaus, trösten sie, zeigen ihr ein weißes Kleid. Derweil träumt der Prinz von einem weiblichen Wesen; doch das Bild löst sich auf. Das verstört ihn. Beim Ball erscheinen die Stiefmutter und ihre Töchter und belästigen den Prinzen durch ihre Aufdringlichkeit. Als Cinderella im schlichten Kleid auch auftaucht, holt sie der Prinz zum Tanz. Die Mutter und ihre Töchter greifen ein und sperren sie wieder weg. Doch der Prinz kann sie nicht vergessen, wird von einer Taube zu ihr geführt. Aber erst als sich der Vater durch einen Schrei aus seiner Erstarrung löst und damit auf das Versteck  hinweist, entdeckt der Prinz das nackte Mädchen unter der Asche, zieht ihm seinen goldenen Rock an und schreitet mit Cinderella ins Licht; Mutter und Töchter bleiben im Dunkel zurück.

(…) Aber ohnehin ist das Auge gebannt vom Geschehen auf der Bühne. Die erscheint ganz schlicht, dunkel, schwarz-grau; aber das dezent strukturierte Bühnenbild von Verena Hemmerlein mit seinen verschiebbaren, ineinander gefügten Elementen, die sich nach hinten wie Tore entweder perspektivisch weiten oder nach vorne verengen können um die Mitte, das enge, hell erleuchtete Viereck des Verlieses von Cinderella, eröffnet einen Blick in die Tiefen menschlicher Grausamkeit. Eindrucksvoll sind dabei die Lichtwechsel von Olaf Lundt, etwa wenn die Asche stäubt, wenn es von oben regnet, wenn die Paare beim Tanz akzentuiert werden. Verschwommene Videobilder deuten den Traum des Prinzen an. (…)

Montero benutzt für sein Handlungsballett auch Pantomimisches, wenn er erzählt oder schildert, setzt oft die Hände signifikant ein. Viele der Tanzbewegungen sind von ausdrucksstarker Kraft getragen, oft sogar ein wenig akrobatisch. Das Ensemble beeindruckt durch seine Synchronität, und trotz der stets präsenten Körperspannung besitzt alles eine große Leichtigkeit, etwa in Sprüngen oder Drehungen. Für die Hebungen, die Pas de deux oder trois hat sich Montero sehr viel Neues, Überraschendes einfallen lassen. Da findet sich nichts, was nur ästhetisch oder artifiziell wirken soll, alles ist durchdrungen von innerem Aussagewillen.

(…)

Das Publikum im ausverkauften Nürnberger Opernhaus feiert bei der Premiere den Schöpfer und alle Akteure dieses Ballett-Märchens begeistert, laut jubelnd, mit vielen Vorhängen. Wieder ein rundum geglückter Ballettabend des mittlerweile international bestens renommierten Goyo Montero!

Renate Freyeisen


Mit vollem Körpereinsatz – Nummer91

Januar 2014