Opern von Richard Flury und Maurice Ravel
Theater Orchester Biel Solothurn
Inszenierung: Annamagdalena Fitzi
Bühnen- und Kostümbild Verena Hemmerlein
Premiere Stadttheater Solothurn 26. April 2025
Premiere Stadttheater Biel 02. Mai 2025



Fotos_Joel Schweizer, Konstantin Nazlamov, Nicolas Hartmann


Eine florentinische Tragödie / L’heure espagnole    –   Bieler Tagblatt   –   28.04.2025   –   Annelise Alder

Tragödie, die frivole Fortsetzung findet
In der letzten Premiere dieser Saison präsentiert Theater Orchester Biel Solothurn zwei sich kontrastierende Opernraritäten. Sie finden dennoch zusammen – dank kluger Inszenierung.

„Er ist eine Art Richard Strauss aus Solothurn“, ließ jemand in der Pause verlauten. Die Rede ist vom Solothurner Komponisten Richard Flur, dessen Kurzoper „Eine florentinische Tragödie“ vergangenen Freitag am Stadttheater Solothurn Premiere feierte. Knapp 100 Jahre nach deren Uraufführung, im selben Haus notabene. Auch wenn die Musikwelt damals bereits zu neuen Ufern aufgebrochen war: Richard Flury blieb in der Spätromantik verankert. Seine Musik ist dicht gewoben und eloquent.  (…)

Dass das Schaffen von Richard Flury in den letzten Jahren vermehrt Beachtung findet, ist vor allem dem britischen Dirigenten Paul Mann zu verdanken. (…)  Ein Glücksfall deshalb, weil Theater Orchester Biel Solothurn (Tobs) den Flury-Spezialisten für die letzte Operninszenierung der Saison verpflichten konnte.

Doch was einem Werk gegenüberstellen, in dem es um einen möglichen Beziehungskonflikt geht? Eine Komödie, die ebenfalls Ehebruch thematisiert, war der Vorschlag des Dirigenten, nämlich „Lheure espagnole“ von Maurice Ravel. Musikalisch könnten die beiden Kurzopern unterschiedlicher nicht sein, wie das Sinfonieorchester Biel Solothurn unter dem genauen und differenzierenden Dirigat Paul Manns eindrücklich vorführt.  (…)

Die beiden Werke stehen an diesem Doppel-Opernabend dennoch nicht als Solitäre nebeneinander, was der klugen Inszenierung von Anna Magdalena Fitzi und dem durchdachten Bühnen- und Kostümbild von Verena Hemmerlein zu verdanken ist. 

Zu Beginn der Tragödie ist der Bühnenraum minimalistisch karg. Einzig die lange, von der Decke herabhängenden Vorhänge aus Brokat erinnern an den historischen Kontext der Oper. Sie beruht auf einemTheaterstück von Oscar Wilde. Darin geht es um Simone, einen Tuchhändler im Florenz der Renaissancezeit, der nach seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise seine Frau Bianca mit einem LIebhaber ertappt, der kein Geringerer als der Prinz von Florenz ist. Eine klassische Dreiecksgeschichte könnte man meinen. Doch Simone bezeichnet den Raum, in dem sich die Tragödie abspielt, auch als eine ‚Weltbühne“.  (…)

Prinz Guido (Martin Mairinger), von Amtes wegen zu gesellschaftlicher Verantwortung verpflichtet, nutzt seine Machtstellung einzig für seine eigenen Ineressen. Die Konstellation ist unheilvoll. Sie endet auf persönlicher und auf übergeordneter Ebene in einem Desaster. 

Der Bühnenraum in der anschliessenden Komödie ist derselbe wie davor. Doch er ist nun übersät mit Trümmern. Die Welt in der sich „L’heure espagnole“ abspielt und die uns Verena Hemmerlein in triste Graustöne hüllen lässt, sieht aus wie ein Schlachtfeld. „Die Menschen darin sind hungrig nach Liebe und Hoffnung“ schreibt Anna Magdalena Fitzi im Programmheft. 

Beim Uhrmacher Torquemada (Konstantin Nazlamov) äussert sich diese in einer übertriebenen Geschäftigkeit. Seine nach Liebe dürstende Frau Concepción – die Rolle ist Josy Santos wie auf den Leib geschnitten – hat die Wahl zwischen drei Männern  (…)

Wie bei Fllury geht auch in Ravels turbulenter und mit sprachlichen Frivolitäten gespickter Komödie die Frau siegreich aus dem männlichen Gerangel um Macht und Einfluss hervor. „Die Frauen stehen für mich für die Liebe und damit für die Hoffnung auf einen anderen Weg“, so die Regisseurin. Verena Hemmerlein übersetzt dies in Farben. Sie wählt für die Kostüme der Männer dezente Farben. Die Frauen dagegen kleidet sie in symbolisches Rot.