Oper von Antonin Dvorak
Badisches Staatstheater Karlsruhe 2022/23
Regie _ Katharina Thoma
Bühne und Kostüme _ Verena Hemmerlein _ Video _ Torsten Repper
Fotos _ Felix Grünschloß






























Pressestimmen
Pamina Klassik online im Südwesten – 15.05.2023 – Christine Gehringer
Konfrontation zweier Welten
Dvoraks Oper „Rusalka“ hatte am Staatstheater Karlsruhe Premiere
Mit Antonin Dvoraks Märchenoper „Rusalka“ ist in Karlsruhe insgesamt eine überzeugende Produktion gelungen. (…)
Die beiden Sphären – die geheimnisvolle Welt des Wassers, Ursprung von Sagen und Mythen, die bis in die Antike zurückreichen, und auf der anderen Seite die nüchterne Welt der Menschen – sie berühren einander an einem herunter gekommenen Wartehäuschen.
Auf dem romantischen „Undine“-Stoff basiert die Oper von Antonin Dvorak; die bekannteste Version dieser scheiternden Liebesbeziehung zwischen einem Prinzen und einer Wassernixe, die nicht wirklich Mensch werden kann, ist vermutlich Hans Christian Andersen „Kleine Meerjungfrau“. Doch Dvorak schrieb seine Oper an der Schwelle zum 20. Jahrhundert, in einer Zeit der fortschreitenden Industrialisierung und der Erforschung des Unbewussten durch Sigmund Freud, und so ist auch in den meisten heutigen Inszenierungen der märchenhafte Topos als Symbol zu verstehen. (…)
Vor diesem Hintergrund muss man auch die Vorgeschichte lesen, die Regisseurin Katharina Thoma der Oper voranstellt: Eine junge Frau, noch unerfahren und voller romantischer Schwärmereien, wird nachts von einer Gruppe Halbstarker brutal angegriffen und hinter dem Wartehäuschen vergewaltigt. Ihre Träume sind damit jäh zerstört. Das alles ereignet sich 25 Jahre vor dem Beginn der eigentlichen Geschichte; hier werden die Erlebnisse der Hexe Jezibaba geschildert (sie verhilft Rusalka später zur Menschengestalt) und auf diese Weise mit den „Rachegeistern“ der osteuropäischen Tradition verbunden. Die (sexuellen) Erfahrungen und das Scheitern von Beziehungen überträgt die Generation der Älteren somit auf die nächste, und das ist vielleicht der originellste Gedanke an Katharina Thomas Lesart.
Eine Geschichte des Erwachsen-Werdens ist dies dennoch nicht; vielmehr handelt die Erzählung von Fremdheit und Ausgegrenzt-Sein in einer Welt, deren Sprache und deren gesellschaftliche Codices man nicht versteht – was letztlich dazu führt, dass man in dieser Umgebung „keine Stimme“ hat.
Wiederum am Wartehäuschen trifft nun Rusalka auf den Prinzen und seine Gefolgschaft; die Szenen ähneln sich. Nun aber scheitern die Jungmädchenträume nicht an sexueller Gewalt, sondern an der Konfrontation der naturverbundenen, dem ländlichen Milieu entstammenden Rusalka mit der nüchternen, durchrationalisierten Welt des Hofes und seinen mondänen Partygesellschaften.
Auch das Weiß in den Kostümen und im Bühnenbild von Verena Hemmerlein hat seine Bedeutung: Bei Rusalka verbindet man damit ihre Unberührbarkeit; in der Welt der Menschen bedeutet es Kälte und Berechnung, vielleicht spielgelt sich auch das Klischee vom „Prinzen auf dem weißen Pferd“ (als eine Art Projektion) darin. Die Distanz der beiden und die Unmöglichkeit, zueinander zu finden, zeigt sich jedoch in jedem Moment ihrer Begegnung.
Wenn auch vieles nicht vollständig aufgelöst wird, so ist diese „Rusalka“ dennoch eine ästhetisch ansprechende, insgesamt schlüssig inszenierte Geschichte, zumal die Regie auch manchen Farb- und Stimmungswechsel in der Musik aufgreift.
Johannes Willig gelingt am Pult der Staatskapelle eine ebenso klare Abgrenzung der zwei Welten: Kühn und entschlossen, manchmal fast martialisch charakterisiert er die menschliche Klangwelt; der Sphäre des Wassers dagegen entströmen weiche Lyrismen im ätherischen Ton, auch düstere, geheimnisvolle Tiefen tun sich auf – das alles wechselt rasch, wie scharf geschnittene Bilder. (…)
Mit begeistertem Beifall im nicht ganz ausverkauften Haus feiert das Publikum Dorothea Herbert als Rusalka (…) Barbara Dobrzanska brilliert daneben als Fremde Fürstin – die eiskalte Berechnung dieser Frau spiegelt sich in stählernen Spitzentönen – und eine berührende Zerrissenheit zeigt Rodrigo Porras Garulo als Prinz. Mahnend und lebenserfahren, das Unheil vorausahnend, und dies im klangschönen Bass – so singt Vazgen Gazaryan die Partie des Wassermann (…) Merlin Wagner (als Jäger) ergänzt das rundum überzeugende Ensemble; dem wie stets hervorragenden Staatsopernchor hätte man dagegen ein wenig mehr szenisches Profil gegönnt.
Insgesamt jedoch eine klare Empfehlung!